Donnerstag, 23. Dezember 2021

Koalitionsvertrag - Inklusion

Zwei der 177 Seiten Koalitionsvertrag sind dem Thema Inklusion gewidmet.

Barrierefreiheit

Die Regierung möchte für alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens Barrierefreiheit erreichen. Ausdrücklich erwähnt sind die Bahn, Wohnen, Gesundheit und der digitale Bereich.
Dazu zählt auch, dass es mehr Informationen in Gebärdensprache und leichter Sprache geben soll.

Mehr Teilhabe

An die Stelle des Schwerbehindertenausweises soll ein digitaler Teilhabeausweis treten. Dies verspricht gleich zwei Punkte: einerseits soll der Nachweis unkomplizierter werden, andererseits die Teilhabe betont werden. Menschen mit Behinderung wird auch mehr Teilhabe an Vorhaben auf Bundesebene versprochen.

Arbeitswelt

Werkstätten für Menschen mit Behinderungen sind umstritten, nicht zuletzt, weil es nur wenige Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt schaffen. Dieses Ziel soll künftig mehr im Vordergrund stehen. Unternehmen, die bisher (zu) wenig Menschen mit Behinderung einstellen, sollen mehr Ausgleichs-abgaben zahlen. Außerdem sollen die Beratung verbessert und Inklusionsunternehmen gestärkt werden.

Bewertung

Aktivist*innen wie Ottmar Miles-Paul zeigten sich erfreut über die Pläne, auch die Aktion Mensch äußerte sich zufrieden. Es bleibt zu hoffen, dass die Ziele auch umgesetzt werden, denn insbesondere im Bereich der Barrierefreiheit hinkt Deutschland anderen Ländern deutlich hinterher.

Freitag, 17. Dezember 2021

Koalitionsvertrag - Migration und Integration

„Irreguläre Migration reduzieren und reguläre Migration ermöglichen“ - Diesen scheinbaren Widerspruch eine interessante Idee: Durch die Erleichterung legaler Einwanderung sollen Menschen davon abgehalten werden, auf anderem Weg die Eineise zu suchen.

Migrationsabkommen mit Herkunftsländern

Eine andere Forderung wird schon seit einiger Zeit praktiziert: Abkommen mit Herkunftsländern sollen die Lebensbedingungen vor Ort verbessern, aber auch Fachkräften den legalen Weg ebnen.
Pushbacks, also das Abdrängen von Flüchtlingen an der Grenze soll verhindert werden. Die EU soll nicht erpressbar werden.

Liberales Einwanderungsgesetz

Während die Migrationspolitik eine Einigung mit europäischen Partnern nötig macht, kann die Ampel-Koalition innenpolitisch einiges selber verändern. Geplant ist ein liberaleres Einwanderungsgesetz, das leichtere Einbürgerungen für gut Integrierte vorsieht. Vorgesehen ist auch ein Spurwechsel, d.h. abgelehnten Asylbewerber können auf den Arbeitsmarkt wechseln.

Bewertung

Klare Regeln für die Migration sind überfällig. Es bleibt abzuwarten, welche Ziele sich umsetzen lassen. Auf der europäischen Ebene müssen die Partner überzeugt werden, auf der nationalen Ebene kann die CDU über den Bundesrat mitregieren. Der Widerstand gegen die doppelte Staatsangehörigkeit zeigt, wie leicht und schnell sich das Thema instrumentalisieren lässt.

Mittwoch, 15. Dezember 2021

Koalitionsvertrag - Außen- und Europapolitik

In der Außenpolitik ist Kontinuität zu erwarten. Die Koalitionspartner bekennen sich zu UN, EU und NATO als Säulen deutscher Außenpolitik.

Wertebasierte Außenpolitik 

Das Ziel einer „wertebasierten Außenpolitik“ interpretierten einige Beobachter*innen als eine kritischere Haltung zu China und Russland, den die neue Außenministerin Baerbock bei ihren ersten Auftritten auch durchklingen ließ.
Trotz kritischer Stimmen in den eigenen Reihen möchte die Koalition bewaffnete Drohnen und Kampfjets anschaffen. Auch zum umstrittenen Ziel, 2 % des BIP für Verteidigung auszugeben bekennt sich die neue Regierung, wenn auch etwas klausuliert durch die Formulierung 3 % für internationales handeln, in dem auch die Entwicklungshilfe berücksichtigt wird. Das umstrittene Thema Nord-Stream 2 wurde gar nicht erwähnt.

Ehrgeizige Ziele für die Europäische Union

Der Abschnitt zur Europäischen Union hat große Ziele: Die EU soll zu einem föderalen europäischen Bundesstaat weiterentwickelt werden und „souverän“ agieren können. Um handlungsfähiger zu werden, soll die Einstimmigkeit in der Außenpolitik abgeschafft werden.
Bei den Finanzen zeigt sich ähnlich wie in der nationalen Politik der Spagat: Der Corona-Wiederaufbaufonds soll auslaufen und die Stabilitätskriterien sollen beibehalten werden. Andererseits sollen es auch auf der europäischen Ebene eine Investitionsoffensive geben.

Bewertung

Es wird sich zeigen, ob die Regierung mit den ehrgeizigen Zielen wirklich durchkommt, wahrschein-lich bleibt es im Krisenmodus. Abzuwarten ist auch, inwiefern sich die internen Differenzen auf der internationalen Ebene auswirken.

Donnerstag, 9. Dezember 2021

Koalitionsvertrag - Gesellschaft

In gesellschaftlichen Fragen sind die größten Veränderungen zu erwarten. Die ZEIT nannte die Pläne gar eine rot-grün-gelbe Revolutionen. In der Tat sind sich die Koalitionäre in diesem Punkt näher als in anderen Bereichen, außerdem kosten die Reformen nicht viel bzw. sollen sogar Geld einbringen, wie die Legalisierung von Cannabis.

Reformen im Familienrecht

Umfangreiche Änderungen sind im Familienrecht geplant. Die Anerkennung der Elternschaft bei homosexuellen Paaren soll erleichtert werden, in einer „Verantwortungsgemeinschaft“ sollen sich auch Menschen jenseits von Liebesbeziehungen einen rechtlichen Rahmen bieten.
Überfällig ist auch die Abschaffung des §219, der eine Werbeverbot für Abtreibungen beinhaltet, faktisch den Ärzten aber jegliche Information verboten hat.

Entkriminalisierung Cannabis

In der Drogenpolitik zeichnet sich ebenfalls eine große Änderung ab. Cannabis soll zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften abgegeben wird. Die Ampel-Koalitionäre erhoffen sich dadurch eine Sicherung der Qualität, eine Austrocknung des Schwarzmarkts und nicht zuletzt mehr Steuereinnahmen.

Wahlrecht ab 16

Noch für viel Diskussionen dürfte auch die Forderung führen, Wählen ab 16 zu ermöglichen. Unumstritten hingegen, dass das Wahlrecht überarbeitet werden muss, um die hohe Anzahl an Überhangs- und Ausgleichmandaten deutlich zu reduzieren.

Montag, 6. Dezember 2021

Koalitionsvertrag - Arbeit und Soziales

Neue Ansätze auf dem Arbeitsmarkt, wenige Veränderungen bei den Sozialversicherungen. So lassen sich die wichtigsten Pläne des Koalitionsvertrags im Bereich Arbeit und Soziales zusammenfassen. 

Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt

Es war eine der wichtigsten Forderungen der SPD und steht nun auch so im Koalitionsvertrag: bereits im ersten Jahr der Regierung soll der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben. Die Grenzen für Mini- und Midi-Jobs werden angehoben, die FDP konnte sich bei der Forderung nach flexibleren Arbeitszeiten durchsetzen.

Bürgergeld und eigenständige Kindergrundsicherung  

Zwei große Veränderungen sind bei der Grundsicherung geplant. Das Bürgergeld soll nicht nur ein neuer Name für Hartz IV werden, sondern durch den Abbau von Bürokratie und bessere Zuverdienstmöglichkeiten auch eine andere Form haben. Durch Bündelung von Leistungen soll eine eigenständige Kindergrundsicherung entstehen, die vor allem ärmeren Familien Vorteile verschaffen soll.

Wenig Veränderung bei den Sozialversicherungen

Bei der Renten- und Pflegeversicherung bleibt fast alles beim Alten. Private Versicherungen bleiben bestehen, auch die von SPD und Grünen angestrebte Erweiterung der Beitragszahler wird es nicht geben. Bei der Rentenversicherung sollen Rentenniveau und Beiträge stabil blieben, eine Aktienrente soll für einen zusätzlichen Schutz bieten. Eine „Offensive für mehr Pflegepersonal“ und eine Prämie für Pfleger*innen – ansonsten gibt es auch wenig Neues im Pflegebereich.

Starke Entlastung unterer Einkommensschichten

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW hat wirtschaftlichen Folgen des Koalitions-vertrags berechnet und kam zum Ergebnis, dass durch die Erhöhung des Mindestlohns und die Kindergrundsicherung vor allem untere Einkommensschichten entlastet werden. Sollte das Bundesverfassungsgericht den Solidaritätszuschlag für die höchsten zehn Prozent der Einkommen streichen, könnten sich die Wirkungen zugunsten Gutverdiener verschieben.

Montag, 29. November 2021

Koalitionsvertrag – Klima und Wirtschaft

Robert Habeck wird Minister für Klima und Wirtschaft und ist damit für das nicht nur für die Grünen wichtige Thema Klimawandel zuständig. Die Grünen übernehmen auch das Umweltministerium, Minister für Verkehr und Digitales wird allerdings mit Volker Wissing ein Liberaler.

Was nicht kommt

Die Grünen mussten auch in diesem Punkt einige wichtige Ziele aufgeben – es kommt kein Tempolimit (das auch die SPD gefordert hatte), keine höhere Bepreisung von Kohlendioxid (das auch die FDP gefordert hatte) und keine Reduzierung von Diesel.

Kohleausstieg kommt idealerweise früher

Der Ausstieg aus der Kohle soll vorgezogen werden – idealerweise auf 2030. Dazu sollen erneuerbare Energien massiv ausgebaut werden und 2030 80 % des Energiebedarfs decken.

Mehr E-Autos

Es gibt kein Endedatum für Verbrennermotoren, durch das Ziel von 15 Millionen vollelektrischer Autos bis 2030 und das Umschwenken großer Autohersteller könnte dies auch so erreicht werden.

Kein Tempolimit

In einem weiteren wichtigen nicht nur symbolischen Punkt konnte sich die FDP durchsetzen: Es gibt kein Tempolimit auf Autobahnen. Da die FDP mit Volker Wissing auch den Verkehrsminister stellt, werden die Grünen Schwierigkeiten haben, sich in diesem Bereich durchzusetzen.

Unterstützung der Wirtschaft

Unternehmen sollen bei der Transformation unterstützt werden. Die FDP setzte durch, dass höhere Preise von Produkten, die klimaneutral hergestellt werden, sollen vom Staat ausgeglichen werden. Die Grünen setzten durch, dass billige, klimaschädlich hergestellte Produkte aus dem Ausland verteuert werden.

Klimacheck für alle Maßnahmen

Die Grünen hatten gefordert, dass das Klimaministerium ein Veto bei allen Ausgaben bekommen sollte. Geplant ist jetzt nur ein Klimacheck, der zudem von den einzelnen Ministerien durchgeführt werden soll.

Samstag, 27. November 2021

Koalitionsvertrag – Finanzen und Steuern

Es ist vielleicht der wichtigste Punkt, steht aber im Koalitionsvertrag ganz hinten: Wie geht es weiter mit den Finanzen, Steuern und Schulden?
Bei vielen Punkten konnte sich hier die FDP durchsetzen: sie stellt mit Christian Lindner nicht nur den neuen Finanzminister, sondern setzte sich mit der Ablehnung von Steuererhöhung und der schnellen Rückkehr zu Schuldenbremse durch.

Schulden und Investitionen

Um das Klimaziel zu erreichen soll es Investitionen „in nie dagewesenem Umfang“ getätigt werden. Dennoch soll ab 2023 soll dann die Schuldenbremse wieder eingehalten werden. 2022 könnte sich der Bund also nochmals deutlich verschulden.
Bei der Frage, wo das Geld herkommen soll, bleibt einiges unklar:
Klimaschädliche Subventionen sollen abgebaut werden, aber die größten Brocken Pendlerpauschale wird bleiben.
Außerdem sind Umwege und Schattenhaushalte geplant, so soll sich die Bahn selbst verschulden dürfen, um die Zukunftsinvestitionen zu schultern, ähnliches ist beim Wohnungsbau geplant.
Der bereits bestehende Energie-Klimafonds soll zu einem Transformationsfonds weiterentwickelt werden.

Steuern

Es wird keine Steuererhöhung geben – hier hat sich eindeutig die FDP durchgesetzt. Auch eine größere Steuerreform ist nicht in Sicht. Zwar fordern alle Parteien Entlastung für niedrige Einkommen, da die FDP aber Erhöhungen für andere ablehnt, wird diese wohl nicht kommen. Geplant sind lediglich großzügigere Abschreibungen und Freibeträge.